theater 89 – Kulturland Brandenburg KRIEG UND FRIEDEN – Arbeitsgemeinschaft „Städte mit historischen Stadtkernen“
Sommertournee 2020
Heinrich von Kleist
DER ZERBROCHNE KRUG
Ein Lustspiel
(1811)
Musik Martin Schneider
Walter, Gerichtsrat
Adam, Dorfrichter
Licht, Schreiber
Frau Marthe Rull
Eve, ihre Tochter
Veit Tümpel, ein Bauer
Ruprecht, sein Sohn
Frau Brigitte
Ein Bedienter
Erste Magd
Zweite Magd
Ein Büttel
Gitarre
André Zimmermann
Matthias Zahlbaum
Martin Schneider
Angelika Perdelwitz
Kristin Schulze
Hans-Joachim Frank
Christian Schaefer
Katrin Schell
Moritz Meyer
Kristin Schulze
Katrin Schell
Moritz Meyer
Martin Schneider
Die Handlung spielt in einem niederländischen Dorfe bei Utrecht.
Regie Hans-Joachim Frank
Bühne und Kostüme Barbara Noack
Dramaturgie Jörg Mihan
Assistenz Christian Schaefer
Lichtdesign/Technik Moritz Meyer
Öffentlichkeitsarbeit Uta Wilde
Anfertigung der Dekoration theater 89
Maske Anne-Claire Meyer
Ziegenbock Klaus Noack
Termine theater89 Termine 2020
Dorfrichter Adam muss über eine Tat zu Gericht sitzen, die er selbst begangen hat ..
Für seine Sommertournee im Jahr 2020 durch Städte mit historischen Stadtkernen im Land Brandenburg hat theater 89 ein berühmtes deutsches Lustspiel ausgewählt:
DER ZERBROCHNE KRUG von Heinrich von Kleist (1777-1811). Es ist ein Glanzstück brandenburgisch-preußischen Kulturerbes und setzt die Serie von Inszenierungen über tragikomische Verquickungen von Öffentlichem und Privatem im bürgerlichen Zusammenleben fort. Kaum zu überbieten an Situationskomik und Wortwitz, ist es ein Fressen für Schauspieler und Zuschauer gleichermaßen.
Kleist war der Sohn einer preußischen Offiziersfamilie aus Frankfurt an der Oder und hochbegabt, nur nicht fürs Glück. Wissensdurstig, politisch engagiert, literarisch auf Anerkennung bedacht, auf Recht und Gerechtigkeit versessen, leidenschaftlich liebend, maßlos fordernd und enttäuscht von der Unerfüllbarkeit seiner Ansprüche, trieb es ihn durch halb Europa, durch Stände und Kasten auf der Suche nach Möglichkeiten eines erfüllten Daseins. Er war Soldat, Student, Spion, Bauer, Reisender, Beamter, Dichter, Gefangener, Redakteur, Bittsteller … Mit 34 erschoss er zuerst eine Leidensgefährtin und danach sich selbst am Kleinen Wannsee bei Berlin – dort liegt er auch begraben.
Heinrich von Kleist ist einer der scharfsinnigsten und sprachmächtigsten deutschen Dichter zwischen Klassik und Romantik. Seine Stoffe handeln von Krieg in Geschichte und Gesellschaft bis hinein ins ganz Persönliche, seine Themen sind Recht und Gerechtigkeit und der schmale Grat zu Freiheit und individueller Verantwortung.
Das Projekt ergänzt und umspielt das AG-Thema 2020 „Zerstört–Gerettet-Erhalten: Lebenswerte Altstädte“. Es konkretisiert die historische Werteschau, die das Kulturland-Motto „Krieg und Frieden – 1945 und die Folgen in Brandenburg“ anstrebt, im Hinblick auf beispielhafte Lebensweltlichkeit. Das alte Lustspiel stellt überzeitliche Fragen von Recht und Missbrauch, von Wahrheit und Lüge, und jede Zivilgesellschaft, in der man wegen eines zerbrochnen Kruges klagen kann und feilschen muss, wird komisch entlarvt. Wie lebte und wie lebt man in diesen Städten in Zeiten des Paradigmenwechsels? Das zu erinnern, zu vergleichen oder herauszufinden kann auch mit Kleists Hilfe nützlich und unterhaltsam werden …
Worum geht es? Im Mittelpunkt der um 1685 in der Gerichtsstube in Huisum, einem fiktiven niederländischen Dorf (in der Provinz Utrecht), spielenden Verhandlung steht ein zerbrochener Krug, welcher der Frau Marthe Rull gehört. Sie beschuldigt Ruprecht, den Verlobten ihrer Tochter Eve, am vorherigen Abend den Krug in ihrem Haus zerstört zu haben. Ruprecht hingegen versichert, dass ein Fremder ins Haus eingebrochen sei und dieses fluchtartig durch ein Fenster verlassen habe, wobei er den Krug vom Fensterbrett gestoßen habe.
Es beginnt damit, dass der Gerichtsschreiber Licht den Richter Adam morgens beim Verbinden frischer Wunden überrascht, und dieser erklärt, beim Aufstehen gestrauchelt und gegen den Ofen gefallen zu sein …
Das Stück gilt wie Sophokles’ KÖNIG ÖDIPUS als Musterbeispiel eines analytischen Dramas. Es baut auf einen bestimmten Vorfall in der Vorgeschichte des dargestellten Geschehens. Dessen Ursache wird erst im Verlauf der Handlung entdeckt und enthüllt.
In der Figur des Dorfrichters lassen sich bis ins Heute zielende Anspielungen erkennen:
Adam als Verkörperung eines korrupten Justizwesens.
Adam als Komödientyp des „lüsterner Alten“, der durch sein Verhalten gegen Normen verstößt.
Adam als wegen Wollust aus dem Paradies vertriebener Sünder.
Adam als sich über Recht und Gesetz hinwegsetzender Staatsdiener.
Dem Lustspiel liegt wahrscheinlich ein historisches Factum, worüber ich jedoch keine nähere Auskunft habe auffinden können, zum Grunde. Ich nahm die Veranlassung dazu aus einem Kupferstich, den ich vor mehreren Jahren in der Schweiz sah. Man bemerkte darauf – zuerst einen Richter, der gravitätisch auf dem Richterstuhl saß: vor ihm stand eine alte Frau, die einen zerbrochenen Krug hielt, sie schien das Unrecht, das ihm widerfahren war, zu demonstriren: Beklagter, ein junger Bauerkerl, den der Richter, als überwiesen, andonnerte, vertheidigte sich noch, aber schwach: ein Mädchen, das wahrscheinlich in dieser Sache gezeugt hatte (denn wer weiß, bei welcher Gelegenheit das Delictum geschehen war) spielte sich, in der Mitte zwischen Mutter und Bräutigam, an der Schürze; wer ein falsches Zeugniß abgelegt hätte, könnte nicht zerknirschter dastehn: und der Gerichtsschreiber sah (er hatte vielleicht kurz vorher das Mädchen angesehen) jetzt den Richter mistrauisch zur Seite an, wie Kreon, bei einer ähnlichen Gelegenheit, den Ödip, als die Frage war, wer den Lajus erschlagen? Darunter stand: der zerbrochene Krug. – Das Original war, wenn ich nicht irre, von einem niederländischen Meister.
aus: Heinrich von Kleist: Sämtliche Werke und Briefe, Bd. 1, München 1984
Quellen
Wikipedia-Heinrich von Kleist
Wikipedia-Der zerbrochne Krug
Klassiker der Weltliteratur-Der zerbrochne Krug
Gutenberg Spiegel-Der zerbrochne Krug
DER ZERBROCHNE KRUG ist der vierte Kleist von theater 89 nach DIE MARQUISE VON O. (2002), KÄTHCHEN VON HEILBRONN (2009, 2010, 2011) und KOHLHAAS (2017).
gefördert vom
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg
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