DIE DEUTSCHEN KLEINSTÄDTER in Gransee

Kleinstädter amüsieren sich über Kleinstädter

Eine illustre Gesellschaft machte Gransee ihre Aufwartung: Deutsche Kleinstädter bevölkerten den Kloster-Innenhof dank des Theaters 89 wortreich.
Eine illustre Gesellschaft machte Gransee ihre Aufwartung: DIE DEUTSCHEN KLEINSTÄDTER bevölkerten den Kloster-Innenhof dank des theaters 89 wortreich.© Foto: Wolfgang Gumprich, MOZ.de

 Wolfgang Gumprich, MOZ.de, Gransee.Es ist ein vielfältiges Gedenkjahr, das wir erleben: Vor 100 Jahren wird der Acht-Stunden-Arbeitstag eingeführt, die Arbeiterwohlfahrt gegründet, in München wird die Räterepublik ausgerufen, während in Weimar die Reichsversammlung Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten wählt. 100 Jahre davor wird Heinrich Grüneberg, der Erfinder der Tütensuppe, geboren und die Karlsbader Beschlüsse kassieren die ersten Pflänzlein der Pressefreiheit ein. In Mannheim ersticht am 23. März 1819 der Theologiestudent Karl Ludwig Sand den Schriftsteller August von Kotzebue.

Komödie über Spießertum

Der Täter drückt einem Diener ein Pamphlet in die Hand: “Frei die Gewissen! Frei die Rede! Auf du mein deutsches Volk! Hasse, morde alle, die sich in frevler mutwilliger Gesinnung so sehr überheben, dass sie des Göttlichen in dir vergessen.” Das Attentat auf den weltoffenen Schriftsteller erregte Aufsehen in ganz Europa und gilt als erster politischer Mord. Schon zuvor waren seine Schriften und Komödien Ziel von Verfolgung, sie kamen häufiger auf die Bühnen als die zeitgleichen Goethes und Schillers. 1817 wurden Kotzebues Bücher symbolisch auf dem Wartburgfest verbrannt. Als Kosmopolit war ihm die deutschtümelnde Kraftmeierei der Studenten und Turnvereine ein Gräuel.

Diesen fast vergessenen Komödienschreiber brachte das theater 89 am vergangenen Freitag auf die selbst gezimmerte Bühne im Granseer Klosterhof. DIE DEUTSCHEN KLEINSTÄDTER heißt Kotzebues Lustspiel, vier Akte in zwei Teilen zu je 90 Minuten.

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